Mittwoch, 31. Mai 2023 10:43 - Dart News von dartn.de
Letzte Woche ging die 19. Saison der Premier League zu Ende. Es war die zweite mit dem neuen Modus, also jeweils ein Turnier pro Woche. Und unser Autor Kevin Barth hat wenig Gefallen daran gefunden. Er blickt in seinem Kommentar kritisch zurück, macht Vorschläge für Veränderungen und lobt den neuen alten Titelträger Michael van Gerwen.
In Deutschland hat die Premier League-Saison eigentlich schon am 1. Januar begonnen. An diesem Tag düpierte Gabriel Clemens im WM-Viertelfinale den eindeutig favorisierten Gerwyn Price mit 5:1. Einen Tag später sprach eine bekannte Boulevard-Zeitung gewohnt reißerisch davon, dass Clemens in der neuen Saison der Premier League dabei sei. Andere Medien griffen diese Sensationsmeldung auf und es gab sogar vereinzelte Kritik, dass bei Dartn.de nichts in dieser Richtung veröffentlicht wurde. Es sollte sich zeigen, dass Zurückhaltung auch manchmal der richtige Weg sein kann, aber leider erst vier Wochen später.
Die PDC verzichtete nämlich zum wiederholten Mal auf die Bekanntgabe der Teilnehmer nach dem WM-Finale und ließ die Gerüchteküche bis zum 30. Januar köcheln. Lange Zeit wurde aber das Datum der Bekanntgabe gar nicht verraten. Man wollte Drama, die Spannung künstlich nach oben treiben. Eine unnötige Entscheidung, die zur unglücklichen Außendarstellung der letzten Jahre passt (Stichwort Fallon Sherrock rutscht noch in die WM und so weiter). Vor allem, weil wieder das nicht wirklich beliebte Masters eine entscheidende Rolle spielen sollte. Dort gewann nämlich zum wiederholten Mal ein Spieler aus der zweiten Reihe: Chris Dobey bekam damit den letzten Platz in der Premier League.
Kein unattraktiver Spieler, aber hat er wirklich mehr Karten verkauft, als andere Kandidaten, die bei wichtigeren Turnieren Größeres vollbracht haben? Diese ganz eigene Seifenoper hat mir nicht unbedingt mehr Lust auf die neue Saison gemacht. Natürlich gab es auch wieder mitunter großes Gejammer von denen, die nicht berücksichtigt wurden. Vor allem Joe Cullen trug diesmal besonders dick auf ("fühlt sich nicht gerecht an", "Ein Tritt in die Eier"). Dabei hatte er mal abgesehen vom Premier League-Finale im Vorjahr eine sehr durchschnittliche Saison gespielt.
Wie schon in der ersten Saison mit den Miniturnieren gab es bei mir einen ähnlichen Ablauf: In den ersten paar Wochen habe ich noch halbwegs aufmerksam das Geschehen verfolgt und dann gemerkt, dass es mich nicht wirklich packt. Es hat sich nicht so angefühlt, als würde ich etwas verpassen, wenn ich einen Abend nicht schaue, oder sogar nur über mehrere Wochen nur die Ergebnisse nachlese. Es gibt viel zu viele Spiele einer geringen Anzahl von Akteuren. Klar, da sind die besten der besten dabei, aber wenn sich etwas zu oft wiederholt, kann sich auch das abnutzen. Mir kam diese Saison eindeutig länger als vier Monate vor und ich bin nicht traurig, dass sie vorbei ist.
Vor der Spielzeit 2022 gab es pro Saison jedes Spiel aller höchstens dreimal, hier sind die Playoffs schon mitgerechnet. Da waren Spiele der Topstars noch was besonderes, da trug die Premier League mit den größten Arenen noch zusätzlich etwas zum Setting bei. In der abgelaufenen Saison spielten Nathan Aspinall und Gerwyn Price ganze sechsmal gegeneinander. Dasselbe bei Price gegen Michael Smith, oder Price gegen Jonny Clayton. Ganze siebenmal gab es das Aufeinandertreffen von Price und van Gerwen, sechs weitere Duelle fanden mindestens fünfmal statt. Natürlich wurden da auch respektable Höchstleistungen erbracht, aber für mich ist definitiv weniger mehr. So war ich erst wieder am Finalabend mit gesteigertem Interesse dabei.
Für mich muss die Premier League zurück zum Liga-Format. Je schneller die Mini-Turniere verschwinden, desto besser. Gerne dürfen auch wieder Unentschieden als besonderes Element eingeführt werden. Oder man macht mal was ganz verrücktes: Wer gewinnt innerhalb einer bestimmten Zeit die meisten Legs (hier müsste dann tatsächlich ein Sekunden-Limit pro drei Darts eingeführt werden).
Der Schritt zurück von zehn auf nur noch acht Spieler ist für mich auch die definitiv falsche Richtung. Die Weltspitze rückt immer enger zusammen und dem sollte Rechnung getragen werden. Mein Vorschlag: Eine Liga mit zwölf Spielern, nach der Hinrunde an elf Abenden scheiden die schlechtesten vier aus und die Rückrunde findet an fünf weiteren Abenden statt. Auf die Playoffs wird man natürlich nicht verzichten und das ist auch in Ordnung. Es sollte einen Extrapunkt oder einen halben Punkt für den höchsten Average pro Abend geben, etwa so wie die schnellste Rennrunde in der Formel 1. Wer die meisten 180er in der Hinrunde bzw. Rückrunde wirft, könnte ebenfalls in der Tabelle belohnt werden. Um den Kampf um die Playoffs noch spannender zu machen, könnten die geholten Punkte in der Rückrunde doppelt zählen. Da ist noch viel Luft nach oben für mehr Spektakel und das sollte doch genau nach dem Geschmack der PDC sein.
Sportlich gab es dann doch noch eine für mich erwähnenswerte Sache: Michael van Gerwen tauchte zwischendurch eher ab und war dann tatsächlich am Finalabend wieder voll zur Stelle. Gerade im Endspiel zeigte er eine beeindruckende Dominanz, die an frühere Glanzzeiten erinnert. Sein Timing mit mehreren herausragenden Finishes brach Gerwyn Price das Genick. Auch wenn MvG schlagbar geworden ist und nicht mehr jeden Titel abräumt, hat er immer noch solche Momente in sich. Danach gab es das typische Gerede, dass da jetzt noch viel mehr kommt. Na gut: Es wäre schon komisch, wenn sich tatsächlich alles im Dartsport ändert. Wenn die Premier League in der nächsten Saison ein anderes Gesicht bekommt, kann ich auch diese Testosteron-Anfälle verschmerzen.
Alle Informationen zum Turnier gibts auf unserer [Premier League Turnierseite]
Für Diskussionen und Fragen zum Turnier [Dart Forum]
Foto-Credit: PDC
[kb]
**Quelle: PDC - www.pdc.tv
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