Freitag, 6. September 2019 17:46 - Dart News von dartn.de
Seit 2014 ist Rowby-John Rodriguez bei der PDC und nach einem längeren Abwärtstrend läuft es in diesem Jahr wieder besser. Das zeigte "Little John" nicht zuletzt durch sein Viertelfinale bei der Austrian Darts Championship. Im Interview mit dartn.de spricht der 25-jährige über diesen Erfolg, erzählt aber auch offen über die Zeit, in der es nicht lief. Rodriguez gewärt außerdem Einblick in sein neues Leben als Vater und nennt Ziele für den Rest des Jahres.
Dartn.de: Hast du deinen Erfolg vom vergangenen Wochenende schon verarbeitet und wie ordnest du ihn ein?
Rodriguez: Die Verarbeitung war denke ich schon am Montag abgeschlossen. Direkt nach dem Spiel war ich schon enttäuscht, dass ich verloren habe. Wenn dich eine Niederlage nicht ärgert, brauchst du nicht spielen. Als ich am Sonntagabend dann aber wieder zu Hause war und meine kleine Tochter im Arm gehalten habe, war wieder alles gut. Inzwischen bin ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Wenn man mir vor dem Turnier gesagt hätte, dass ich das Viertelfinale erreiche, dann hätte ich das ohne zu zögern genommen. Es ist ja das erste Mal seit vier Jahren, dass mir das auf der European Tour gelungen ist.
Dartn.de: Wo du es gerade ansprichst: 2015 war vom Preisgeld her dein stärkstes Jahr bei der PDC. 2016 war ebenfalls gut, aber was ist danach passiert? 2017 lief es gar nicht gut und 2019 musstest du in der Weltrangliste wieder von anfangen.
Rodriguez: Ich habe mir zu viel Stress gemacht, denn ich hatte zu dem Zeitpunkt das Dartlokal von Mensur Suljovic übernommen und das war alles zu viel und hat nicht funktioniert. Privat sind auch einige Dinge schief gelaufen, die Ergebnisse wurden schlechter und dann hat einfach im Kopf nicht mehr viel zusammengepasst. Jeder weiß, wie wichtig das mentale im Dartsport ist. Ich hatte keine Lust mehr zu trainieren, das kam dann noch hinzu.
Dartn.de: Wie bist du da wieder herausgekommen?
Rodriguez: Ich habe mir im ersten halben Jahr von 2018 gesagt: Wenn du das Dartspielen jetzt nicht wieder ernst nimmst, dann kannst du es als Profi sein lassen und betreibst es nur noch als Hobby. Dann habe ich mir nach und nach wieder professionellere Strukturen geschaffen, mehr trainiert, die Ernährung und weitere Dinge umgestellt. Anfang 2019 kam dann noch der Wechsel zu einem anderen Management und als ich dann noch erfahren habe, dass ich Vater werde, war das ein weiterer Schub für mich, meinen Job professionell zu machen. Es ist alles noch nicht perfekt, Luft nach oben ist immer da, aber ich arbeite daran. Inzwischen bin ich auch im Kopf wieder voll da und glaube an mich. In der Vergangenheit habe ich viele Spiele 6:5 verloren, da war ich manchmal 4:1 vorne und habe nicht daran geglaubt, das Spiel zu gewinnen. Das ist jetzt zum Beispiel ganz anders.
Dartn.de: Inzwischen ist deine Tochter zur Welt gekommen. Ist das auch ein positiver Faktor und wie ist die erste Zeit als Vater?
Rodriguez: Es ist auf jeden Fall positiv, ich bin ein sehr stolzer Vater und genieße das alles sehr. Die ersten zwei Monate waren allerdings nicht einfach. Meine Freundin und ich sind Ende Juni noch einmal gemeinsam nach Prag gereist, weil wir wussten, dass es das letzte Mal wird, dass wir zu zweit ein solches Event besuchen. Am Freitag habe ich dann gegen Andrew Gilding verloren und am Samstag, als wir wieder nach Hause fahren wollten, kam plötzlich meine Tochter einen Monat zu früh zur Welt. Wir sind dann noch bis Dienstag in Prag geblieben und auch danach gab es bei der Kleinen einige Komplikationen. So konnte ich mein Trainingspensum natürlich nicht wie geplant abspulen. Ich habe mir sogar ein Dartboard ins Krankenhaus gestellt, auf das ich zwischendurch mal geworfen habe. Das ist aber natürlich kein wirklich effektives Training. Seit dem Montag vor der Austrian Championship sind wir als Familie endlich alle gemeinsam zu Hause und jetzt passt auch alles zu 100 Prozent. Ein großer Dank gilt meiner Freundin, denn sie hält mir den Rücken frei, so dass ich jetzt auch wieder mehr und intensiver trainieren kann.
Dartn.de: Durch dein Viertelfinale vom Wochenende stehst du jetzt auch dicht vor einer WM-Qualifikation über die Pro Tour. Ein Bisschen etwas solltest du dafür noch einspielen. Wie gehst du damit um, würdest du das am liebsten bereits bei den Players Championships nächste Woche erledigen?
Rodriguez: Ich schaue nicht so sehr auf die Ranglisten. Eigentlich hatte ich geplant, den Südosteuropa-Qualifier für die Weltmeisterschaft im November zu spielen, aber inzwischen haben mir einige Leute gesagt, dass ich das wahrscheinlich nicht muss und das freut mich natürlich sehr. Ich schaue jetzt von Woche zu Woche, von Turnier zu Turnier und gebe mein bestes. Die WM ist aber natürlich das große Ziel.
Dartn.de: Da wir eben die Players Championships angesprochen haben: Wie gerne spielst du diese Turniere, die doch ganz anders sind, als die Majors oder die European Tour?
Rodriguez: Ich habe mich inzwischen an die Players Championships gewöhnt, auch wenn ich lieber auf der Bühne spiele. Ich gehe jetzt auch anders an ein solches Wochenende auf der Pro Tour heran. Früher habe ich an einem solchen Tag morgens nicht gefrühstückt und wenn ich dann ein paar Runden überstanden habe, waren die Kräfte weg. Jetzt stehe ich eine Stunde früher auf, frühstücke ordentlich und spiele mich dann auch in der Halle konzentriert und gewissenhaft ein. Den Effekt merke ich selbst auch immer mehr.
Dartn.de: Was sind deine Ziele für den Rest des Jahres, abgesehen von der WM?
Rodriguez: Ich wusste am Sonntag vor meinem Viertelfinale in Wien, dass ich mit einem Sieg einen großen Schritt zur European Championship mache. Vielleicht hat mich das gehemmt. Die Europameisterschaft bleibt aber ein Ziel, da möchte ich mich demnächst noch für Gibraltar qualifizieren und dort wieder gut abliefern. Außerdem möchte ich auch zu den Players Championship Finals. Da habe ich mir Anfang des Jahres ausgerechnet, dass es reicht, bei jedem dieser Turniere 500 Pfund einzuspielen. Ich denke, ich bin da auch auf einem ganz guten Weg. Insgesamt möchte ich dieses Jahr noch so oft wie möglich auf der Bühne stehen.
Dartn.de: Lass uns zum Schluss noch auf deinen jüngeren Bruder Rusty-Jake Rodriguez schauen. Er gilt als großes Talent, wie siehst du seine bisherige Entwicklung?
Rodriguez: Dass er talentiert ist und ein großer werden kann, haben schon mehrere Spieler öffentlich betont, darunter ich und Mensur Suljovic. Rusty tut momentan aber zu wenig, um wirklich voran zu kommen. Er hat seine Lehre aufgegeben, um Profi zu werden, obwohl er noch keine Tourkarte hat. Er trainiert zu wenig, er hat nicht die richtige mentale Einstellung und müsste in allen Lebenslagen professioneller werden. Es gibt Leute, die ihn auf seinem aktuellen Weg unterstützen, ich gehöre nicht dazu und habe ihm auch gesagt, was ich davon halte. In Wien gewinnt er sein erstes Spiel, verliert danach klar gegen Ian White und ist extrem enttäuscht. Die Qualifikation für Mannheim spielt er nicht, weil er sagt, er hätte zu wenig Selbstvertrauen. Wenn einem das Überstehen der ersten Runde bei seinem Heimturnier kein Selbstvertrauen gibt, was soll einem dann welches geben? Genug Leute haben ihm Hilfe angeboten, aber aktuell möchte er seinen eigenen Weg gehen und das ist auch in Ordnung für mich.
Alle Infos zu Rowby-John Rodriguez gibt es in seinem [Spielerprofil]
Foto-Credit: PDC Europe
[kb]
**Quelle: dartn.de
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